Dienstag, 19. September 2017

Black Country Communion - BCCIV



Band : Black Country Communion
Album : BCCIV
Spielzeit : 60:34 Min.
Veröffentlichung : 22.09.2017
Plattenfirma : Mascot Records
Homepage : www.bccommunion.com

Wertung : 8 von 10

Trackliste :
  1. Collide
  2. Over My Head
  3. The Last Song For My Resting Place
  4. Sway
  5. The Cove
  6. The Crow
  7. Wanderlust
  8. Love Remains
  9. Awake
  10. When The Morning Comes

Schiere Wiedersehensfreude ereilt mich grad in Form der neuen Black Country Communion, schlicht BCCIV benannt. Die Platte erscheint in den nächsten Tagen und dürfte das eine oder andere Freudentänzchen verursachen. Mann, was habe ich mich vor fünf Jahren über Afterglow gefreut und irgendwie auch geärgert. Einerseits ein sehr starkes Album, gleichfalls aber auch Schwanengesang. Die Auflösung der Band wurde verkündet und die gewaschene Wäsche war auch nicht die sauberste. So zürnte Sänger Glenn Hughes, nachdem Joe Bonamassa sich offiziell verabschiedet hatte: Joe ist ausgestiegen und erlaubt uns nicht, den Bandnamen weiterzuführen. Nett, oder? Jason, Derek und ich werden unter neuem Namen weitermachen, sobald die Zeit dafür reif ist.“ Im Frühjahr 2016 dann die ersten Gerüchte über eine Reunion. "Wir bereiten uns auf den Neustart der BCC-Rakete 2017 vor, alle Systeme laufen." hieß es seitens der Band. 

Nun liegt BCCIV in meinem Player und rotiert fleissig vor sich hin. Eine Rückkehr wie Phönix aus der Asche möchte man angesichts des feurigen Coverartwork meinen, doch man glaubt ja in der heutigen Zeit irgendwie nicht mehr an Zufälle. Ob und wie man das Theater um die Auflösung wertet, muss natürlich jeder für sich entscheiden, ich persönlich freue mich sehr über die neue Scheibe. 

Schlagzeuger Jason Bonham zählt die Band standesgemäß ein und eröffnet Collide auf seiner DW-Snare. Was folgt, ist ein fettes Bonamassa-Riff, welches Glenn Hughes gleich am ersten Tag der Arbeiten zu BCCIV einfiel. Die gewaltige Nummer stampft knallhart vorneweg, als wäre die BCC nie weg gewesen. Glenn Hughes ist immer noch gut bei Stimme und erinnert mich phasenweise an Chris Cornell (R.I.P.), was will man mehr ? Stammproduzent Kevin Shirley hat in den East West Studios zu Los Angeles übrigens eine blitzsaubere Arbeit geleistet, die druckvolle Produktion hat mächtig Wumms, so darf ein Rockalbum klingen. 
Nicht weniger kraftvoll, dafür deutlich harmonischer tönt Over My Head aus den Boxen und Glenn Hughes hört die Nummer wegen ihres Ohrwurm-Refrains schon im Radio-Airplay, naja daran habe ich eher meine Zweifel. Dort müsste für meinen Geschmack eher The Last Song For My Resting Place landen, doch unsere Radiolandschaft lässt sowas ja nicht zu. Schade, denn der fast acht Minute lange Song hat es wirklich in sich. Der Gesang von Joe Bonamassa ist ein Genuss, das Wechselspiel zwischen melancholischer Mandoline und feiner Fidel birgt eine gewisse Dramatik. Im Mittelteil der nahezu andächtigen Songstruktur lässt die BCC dann die Muskeln spielen und Bonamassa beschenkt sich mit einem seiner vielen kraftvoll-feinen Soli...ich bin reichlich begeistert.

Wem beim Hören des Songs eine bestimmte Film-Theatralik in den Kopf schießt, darf sich bestätigt fühlen; die Idee hatte Joe Bonamassa, angeregt durch den Kapellmeister der Titanic, Wallace Henry Hartley. Der (und wer erinnert sich nicht daran) verzichtete auf seinen Platz im Rettungsboot und spielte sein Instrument bis zum Tode um die Panik an Deck in Grenzen zu halten. Als er 10 Tage später leblos treibend im Wasser gefunden wurde, klammerte er sich noch immer an einen Lederkoffer, dessen Riemen er sich um den Körper gebunden hatte, kurz bevor das Schiff sank. In diesen Koffer, der ihn vermutlich an der Oberfläche hielt, hatte er ein Geschenk seiner Verlobten Maria Robinson, die Violine, gesteckt. Diese verschwand und geriet in Vergessenheit, bis ein Musiker sie 2006 auf einem Dachboden fand. Die Violine wurde für echt befunden und 2013 für 1,7 Mio.$ verkauft. 

Kitschig oder nicht, angesichts dieser Story, mit der einem Helden und seiner Tat ein würdiges Denkmal gesetzt wird, ist es absolut lohnenswert, sich sowohl den Song als auch dessen Text in Ruhe zu Gemüte zu führen. Joe Bonamassa beansprucht hier den alleinigen Anteil der Lyrics, die ansonsten ausnahmslos von Glenn Hughes stammen. Ich liebe diese vertonten Geschichten und wenn diese denn auch noch derart umgesetzt werden...umso besser.



Nach derartiger Dramatik kehrt die Black Country Communion zurück zur Hausmannskost in Form des Led Zeppelin Gedenksongs Sway, der wahrscheinlich beim Frühstück zwischen Kashmir und Kaffee entstand. Jason Bonham poltert sich mit tonnenschweren Beats in den Vordergrund und klingt irgendwie immer noch wie sein Vater während Derek Sherinian sich vermutlich über einen Mellotron-Sound freut, der einst Physical Graffiti so prägte. Das folgende The Cove schleppt sich anfangs doomig zäh daher und hätte gut auf Ronnie James Dio's Abschiedvorstellung The Devil You Know (Heaven & Hell) gepasst. Glenn Hughes spielt einen satten Basslauf und präsentiert sich gesanglich auf höchstem Niveau. 

Auf Überraschungen wartet man auf BCCIV indes vergeblich, die Frage lautet, wer will die überhaupt ? The Crow knallt in grobschlächtiger Audioslave-Manier vor den Latz und wieder habe ich Chris Cornell vor Augen. Es bleiben meinerseits allerdings eher die getragenen Momente hängen, wie das von Derek Sherinian's prägnanten Keyboardspiel getragene Wanderlust. Wer übrigens mal in der Vergangenheit von Glenn Hughes gestöbert hat und seine Gesangsbeiträge auf dem wunderbaren Phenomena-Album kennt, wird sich bei Wanderlust vielleicht ein wenig daran erinnert fühlen. 

Wieder Led Zeppelin, gleiches Album aber jetzt ist es das Gitarrenriff des Wanton Song. Kann man machen, muss man aber nicht. Jedenfalls haut auch Love Remains ordentlich rein. Glenn Hughes schrieb den Song für seinen verstorbenen Dad, als während der Aufnahmen auch noch seine Mutter verstarb. Schicksal. Ach ja, die Flying Colors lassen ebenfalls grüßen, der Refrain...ach was, ist egal. Eine tolle Nummer ist es allemal und mir ist es egal wer von wem klaut. Awake gestaltet sich als hypernervöse Gitarre-Bass-Drum Frickelei, in der Glenn Hughes den ruhigen Gegenpart innehat. Die vorletzte Nummer hat Charme, zumal Mr.Sherinian sich allerfeinst mit Herrn Bonamassa duelliert. Unbedingt reinhören, bitte ! 

Das Ende eines abendfüllenden Albums ist erreicht und wir finden uns zur Schlußszene in der Loge der Abendvorstellung ein. Tüte Chips in der Hand und ein Bier zwischen den Knien. When The Morning Comes heißt der letzte Akt und Glenn Hughes sieht Parallelen zur letzten Schlußblende des Wizard Of Oz, erwacht gedanklich aus einem Traum und findet sich in seinem trauten Heim wieder, ganz wie einst klein-Dorothy. Ob er dabei die Hacken dreimal zusammenschlägt weiß ich nicht, aber David Sherinian, Jason Bonham, Joe Bonamassa und Glenn Hughes zeigen sich in der bedächtigen Nummer sehr homogen und finden ein würdiges Ende eines an Überraschungen armen, dafür aber mit Momenten gespickten Albums. 


Bernd Fischer

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